1. Mai 2013

Samstag, 27.04.2013
Der Regen hat aufgehört, als wir in Kirchmöser an der Sliprampe ankommen. Diese Rampe ist der eigentliche Grund, dass wir Kirchmöser als Startpunkt für die diesjährige Tour gewählt haben. Sie ist öffentlich und kostenlos und deshalb nicht mit einer Schranke oder Kette verschlossen. So kann man auch zu späterer Stunde – so wie wir heute abends halb acht – noch das Boot ins Wasser lassen.
Dank des richtigen Winkels und ausreichender Tiefe ist dies auch schnell erledigt, ohne dass ich die Hinterräder des Autos ins Wasser versenken muss. Drei Parkplätze für Autos mit Trailer sind ebenfalls vorhanden – zwei davon sind noch frei – das Problem wäre auch gelöst.
Bleibt nur die Frage: wohin mit dem Boot? Die reichlich vorhandenen Stege links und rechts sind mit Eisentüren und Stachelrahmen verriegelt und verrammelt und die Sliprampe verfügt über keinen eigenen Steg. Es bleibt nichts anderes übrig, als neben der Rampe das Boot mit dem Bug auf Land zu ziehen – wohl dem der ein Schwertboot hat.
Beim Einfädeln des Großfalls stelle ich fest, das sich eine Mastrolle verabschiedet hat, dazu gesellt sich die Erkenntnis, dass die Werkzeugkiste frisch gepackt ist, aber noch zu Hause steht. Die Schraube, die die Rolle des Spinnackerfalls trägt, muss als Ersatz herhalten, einen Spinnacker habe ich so wie so nicht.
Halb zehn ist das Boot fertig aufgeriggt und beladen, es kann los gehen. Heute aber nur noch einen Kilometer bis zum Südufer des Möserschen Sees, wo wir vor Anker gehen. Inzwischen regnet es wieder, ich koche unter der Plane das Abendessen. Gegen Mitternacht kriechen wir endlich in die Kojen.

Sonntag, 28.04.2013
Es regnet nicht mehr, aber die Sonne scheint nur schwach durch den Dunst und es ist noch recht kalt. So frühstücken wir erst mal in der Kajüte.
Es war spät gestern, deshalb ist es schon um 12 Uhr, als wir endlich los kommen. Nach einem kurzen Abstecher noch mal nach Kirchmöser – ich hatte meine Sonnenbrille im Auto vergessen – geht es südlich um Kienwerder herum über den Breitlingsee.


Zuerst versuchen wir es mit Segeln, aber der Wind ist zu schwach, so muss bald der Motor ran. An der Einfahrt in die Havel legen wir den Mast. Aber das wäre hier noch gar nicht nötig gewesen. Die vermeintliche Brücke ist eine Fähre. Auf der Karte sitzt auf dieser Stelle eine dicker Gelber Kreis, der einen Flusskilometer markiert, da war das nicht zu erkennen. Trotzdem bleibt der Mast erst mal liegen.
Brandenburg kündigt sich an: Links verfallende Industriebauten, zerbröckelnde Kais. Rechts Wassersportclubs und eine geschlossene Wassertankstelle. Nicht so schlimm, wir haben genug Benzin. Weiter stadteinwärts wird das Stadtbild netter.
Nach Querung des Silokanals geht es in den Beetzsee. Wir versuchen es wieder mit Segeln. Aber das wird nichts rechtes, der Wind ist einfach zu unstet und schwach. Es geht nur langsam vorwärts. Etwa um fünf sind wir vor der Brücke bei Radewege und wir beschließen, die Nacht an der Seebrücke Radewege zu verbringen. Die Gastliegeplätze kosten 1,50 Euro pro Bootsmeter. Für uns also 9 Euro plus 1 Euro Trinkgeld, den es kommt extra jemand vorbei, um uns den Schlüssel für den Sanitärcontainer zu geben. Recht preiswert, denn die Benutzung der Duschen ist inklusive.

Montag, 29.04.2013
Der Bäcker in Radewege hat am Montag geschlossen, deshalb stehe ich halb acht auf, um zum Einkaufen nach Brielow zu laufen. Neben Brötchen brauchen wir Butter, die haben wir zu Hause vergessen, und Wiebke wünscht noch Kekse und Käse. Aus den geschätzten drei Kilometern werden fünf, und ich bereue bald, nicht den Bus genommen zu haben, der mich später auf der Landstraße überholt. Besonders, weil ich dann auch eine günstige Verbindung für den Rückweg gehabt hätte, so muss ich auch zurück laufen. Mit dem Bus hätte ich über eine Stunde gespart.
Ziemlich K.O komme ich etwa 10 Uhr zum Boot zurück, da die Kinder gerade erst aufgestanden und duschen gegangen sind wird es wieder 12 Uhr bis wir loskommen.
Dafür ist der Wind heute kräftig. Unter Genua und gerefftem Groß, später tausche ich die Genua noch gegen die Fock, geht es schnell über den Beetzsee zurück. Südwestwind, wegen der schlechten Am-Wind-Eigenschaften des voll beladenen Bootes sind zwar einige Holschläge nötig, trotzdem sind wir gegen zwei Uhr an der Vorstadtschleuse. Es fährt gerade ein polnisches Frachtschiff in die Schleuse ein, so brauchen wir nach Anruf beim Schleusenwärter nicht warten. Nur müssen wir noch vor der Einfahrt in die Schleuse den Mast legen, gleich nach der Schleuse ist eine Brücke, und dazwischen ist nicht ausreichend Platz dafür.
Der Wind hat auf West gedreht. Unter Segel geht es flott weiter. Dank des Rückenwindes ist es möglich, durch die vielen idyllischen Nebenarme der Havel zu segeln. Kreuzen wäre hier nicht möglich, da ich wegen der geringen Tiefe das Schwert hochkurbeln muss und den Motor möchte ich auch nicht benutzen.
Es ist Natur pur. Schilf, Schwäne und andere Wasservögel. Abends machen wir in einem der vielen Altarme fest. Ein erster Versuch an einer Insel scheitert wegen zu vieler Insekten. Aber dann finden wir noch einen schönen Platz. Zwar flach und etwas mehr Wind, aber dafür Insektenfrei. Da ich mal gehört habe, dass man an Bäumen nicht fest machen darf, haue ich an Land den Anker in den Boden. Das wird halten, hoffe ich.



Dienstag, 30.04.2013
Früh am Morgen ist es noch etwas diesig, aber dann scheint doch wieder die Sonne. Nach dem Frühstück, diesmal schon um 11 Uhr, geht es los. Wiebke und Ansgar fällt die Aufgabe zu, das Boot über das flache Ufer ins Wasser zu schieben. Das Wasser ist eiskalt.
Heute muss wieder der Motor ran. Der Wind kommt immer noch aus West, sehr schwach. Kreuzen wäre ein mühseliges Geschäft und bei dem Verkehr nicht unbedingt empfehlenswert.
Bei Halbgas brummt der Motor zufrieden vor sich hin und wir kommen schnell voran. Gegen 1 Uhr erreichen wir wieder die Vorstadtschleuse. Zum dritten Mal auf dieser Tour wird der Mast gelegt, wieder können wir sofort einfahren. Wir fahren bis ganz nach vorn. Hinter uns gibt es Geschrei: Eine Männercrew auf einer größeren Motoryacht versucht an der Schleusenwand fest zu machen. Eigentlich lagen sie schon ganz passabel, aber dann treibt das Boot noch einmal ab, und der Rudergänger jagt es mit dem Bug voran an die Betonwand. Zum Glück ohne, zumindest äußerlich erkennbare, Schäden.
Nach dem Schleusen lassen wir den Mast gleich liegen. Durch Brandenburg hindurch sind noch einige Brücken zu passieren. Ein Ausflugsdampfer kommt uns entgegen. Er tutet. Mist, nicht aufgepasst. Er tutet noch einmal, lang kurz kurz. Wenden nach Backbord, wenn ich mich recht erinnere. Da muss ich nach links ausweichen. Das war das erste Mal, seit ich vor 10 Jahren den Binnenschein machte, dass ein Schallsignal für mich relevant war.
Die letzte Brücke ist passiert. Wir können den Mast wieder stellen. Der Motor geht aus. Der Tank ist leer. 17 Kilometer mit einem Liter Benzin: Der Verbrauch ist geringer als mit dem Auto. Dafür auch nur 8 km/h.
Auf dem Breitlingsee ist nur schwacher Wind. Immerhin aus Nord, also aus der richtigen Richtung. Langsam treiben wir an Kienwerder vorbei. Da es zeitweise gar zu langsam geht, paddelt Ansgar mit. Das bringt 1 km/h mehr.
Eigentlich wollten wir diese Nacht noch auf dem Boot verbringen und erst Morgen slipen und nach Hause fahren. Aber der Himmel zieht sich langsam zu und es ist erst 17 Uhr. Morgen früh regnet es möglicherweise. Also segeln wir gleich nach Kirchmöser. Nach anderthalb Stunden ist das Boot aus dem Wasser und alles verstaut. Und nach weiteren 3 ½ Stunden sind wir wieder zu Hause.