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Mit der Segeljolle über die oberen Havelseen

Eine Tour über die oberen Havelseen wollte ich schon seit längerem machen, aber ich hatte Zweifel, ob das mit einer Segeljolle möglich wäre, da die Verbindungen zwischen den Seen in der Wasserwanderkarte nur als Paddelgewässer eingezeichnet sind, und auch einige Landtransporte nötig sind. Mit der Jolle wollten wir fahren, weil da die Kinder (7, 4 und 2 Jahre) doch etwas mehr Bewegungsfreiheit haben als in einem Kanu, und sie nicht so leicht kentert, wenn sie ihren Bewegungsdrang ausleben. Auch die Menge des Gepäcks ist mit drei Kindern beträchtlich, selbst wenn die Tour nur vier Tage dauern soll.
Geplant war Start in Kratzeburg, dann die Havelseen entlang so weit wir kommen, und dann mit dem Zug zurück, um das Auto zu holen.
Eigentlich hatte ich vor, die erste Nacht auf dem Biwakplatz bei der Lorenbahn am Pagelsee zu verbringen. Da die Autofahrt aber länger gedauert hatte als geplant, waren Frau und Kinder dafür, auf dem Campingplatz C36 am Käbelicksee bei Kratzeburg zu übernachten (etwa 25 Euro für 2 Erwachsene, 3 Kinder, ein Zelt, ein Boot und ein Auto).
Am nächsten Tag ist blauer Himmel, Sonnenschein und kein Wind. So ist über Käbelicksee und Granziner See erst mal rudern angesagt. Wir werden von vielen Paddlern und einem Boot mit Elektromotor überholt. Hinter dem Granziner See werden die Kanäle eng, rudern geht nicht mehr, wir müssen uns stakend vorwärts bewegen.
KinderkanuHinter dem winzigen Schulzensee wartet die erste Herausforderung auf uns: „leistungsfähige Lorenbahn“ steht auf der Wasserwanderkarte. Also Gepäck ausladen. Mit einigen freundlichen Helfern bekomme ich die jetzt noch etwa 80kg schwere Jolle auf eine der drei Loren. Das weitere ist fast ein Vergnügen, da es die 650m Strecke vorwiegend bergab geht. Nur in der Mitte der Strecke muss ich wegen einiger überhängender Äste noch den Mast umlegen. Für die Kinder ist es auf jeden Fall ein Vergnügen, sie dürfen die Strecke auf einer Lore in einem Kanu sitzend zurücklegen. Am Pagelsee angekommen zeigt sich, dass die Entscheidung, auf dem Campingplatz zu übernachten, richtig war. Mehrere Schilder verkünden „Zelten verboten“. Auf der Wasserwanderkarte steht noch „Biwakplatz, nur für eine Nacht“.
Nach einer anderthalbstündigen Pause mit baden und essen, rudern wir weiter. Auf dem Pagelsee an der Holzbrücke muss noch mal der Mast umgelegt werden. Nach dem Zotzensee wird die Havel wieder schmal, und wir versuchen, die Riemen als Stechpaddel zu verwenden.
Nach einer weiteren Brücke, die ein Legen des Mastes erfordert, erreichen wir die ehemalige Schleuse bei Babke. Von der Schleuse ist nur noch die Bootsschleppe übrig geblieben. Die Schienen der Bootsschleppe reichen nicht bis in das Wasser. Also wieder ausladen. Wieder finden sich einige Helfer, die das Boot mit auf den Bootswagen heben.
Auf der anderen Seite ist das Wasser so flach, dass sogar die Kanus und Faltboote im Sand stecken bleiben. Normalerweise soll hier der Wasserstand 20cm höher sein. Zum Glück ist die flache Strecke nur etwa 50m lang, danach können wir wieder rudern.
der GrabenNach dem Jäthensee ist es nicht mehr sehr weit bis zum Abzweig zum Jamelsee, an dem sich der Zeltplatz am Hexenwäldchen befindet.
Auf der Karte steht „Graben, 100m treideln“. Das hätte mich bei dem niedrigen Wasserstand schon misstrauisch machen müssen. Der Graben übertrifft meine schlimmsten Befürchtungen. Wie bekommt man eine Segeljolle durch ein 2 (in Worten „zwei“) Zentimeter tiefes Rinnsal? Höchstens auf Rädern, also das Boot noch mal auf den Bootswagen. Und obwohl die Räder im Schlamm versinken und an Pfählen hängen bleiben, kommen wir nach einer Viertelstunde tatsächlich auf dem Jamelsee an.
Nun ist es nicht mehr weit bis zum Zeltplatz. Für 14 Euro bekommen wir einen Platz für Zelt und Boot, und Hängebauchschweine, Meerschweinchen, Kaninchen, Papageien, Hühner, ein Pony und einen Esel zum Anschauen und Streicheln für die Kinder. Und einen Spielplatz. Und für einen weiteren Euro frische Brötchen am Morgen. Sogar Mohnbrötchen.
Beim ersten Hahnenschrei stehen wir auf. Das ist zum Glück erst 7:45. Der Hahn weiß, dass man Leute, die Urlaub haben, nicht eher wecken darf. Während des Frühstücks vor dem Zelt werden die Hühner immer aufdringlicher. Sie sind scharf auf die Nudeln, die gestern unser Jüngster beim Abendbrot fallen gelassen hat. Und auf das Brötchen, das er noch in der Hand hat.
Nach dem Aufbruch erwartet uns wieder jener Graben. Diesmal macht der Bootswagen nach der Hälfte der Strecke die Grätsche. Schwerer Schaden am Rad. Das Salzwasser der Adria hat im Sommerurlaub wohl doch größere Schäden angerichtet, als von außen sichtbar waren. Wir verursachen erst mal mit unserem stecken gebliebenen Boot einen erheblichen Stau. Aber auch diesmal finden sich Helfer, mit denen wir das Boot die restlichen 50m über den Schlamm bis in die Havel ziehen.
Hoffentlich kommen keine weiteren Hindernisse, ohne Bootswagen sieht es dann schlecht aus.
auf dem Havel zwischen Jäthensee und GörtowseeAb dem Görtowsee ist die Havel laut Karte „Rudergewässer“. Und tatsächlich sind von nun an die Kanäle breiter.
Heute haben wir Wind. Deshalb setzen wir die Segel und überqueren den Zierzsee mit halbem Wind und sind erstmals wenigstens genauso schnell wie die Kanus. Auf dem kurzen Kanal zwischen Zierzsee und Useriner See haben wir den Wind genau von vorn, also wieder Rudern. Auf dem Useriner See kommt der Wind kräftig aus SSO – ganz vereinzelt weiße Schaumkämme – also Windstärke 3. Mit rudern komme ich gegen den Wind nicht an – also kreuzen. Das ist ein ziemlich mühseliges Geschäft. Es dauert über zwei Stunden, bis wir die 4 Kilometer bis zur Zwenzower Schleuse hinter uns gebracht haben. Dafür ohne Kraftaufwand. Einige „Schirmsegler“ kommen uns entgegen. Paddelboote, die einen Schirm als Segel benutzen.
Wir kommen 20 Minuten vor der letzten Schleusung an der Schleuse an. Die Schleuse schleust nur drei mal am Tag: 8:00, 12:00 und 16:00. Aber es ist eine Bootsschleppe vorhanden. So eine richtige, wo der Wagen bis ins Wasser fährt. Die Mühe brauchen wir uns nicht machen.
Hinter der Schleuse überlegen wir, ob wir zum Campingplatz C56 bei Zwenzow oder noch 5 Kilometer weiter zum C34 am Wobelitzsee fahren. Die Kinder wollen baden, so erhält C56 den Zuschlag. Der Wind steht günstig, und so ist der knappe Kilometer zum Zeltplatz in wenigen Minuten zurückgelegt.
Für 22,20 Euro bekommen wir zwei Aufkleber: einen für das Zelt und einen für das Boot. Und die Kinder einen Spielplatz und eine Wasserrutsche. Und ich ein Geschirrspülbecken mit warmen Wasser und einem Stöpsel. Das benutze ich allerdings erst nach dem Abendbrot, welches wir im Zelt essen, weil draußen ein Gewitter mit nicht allzu viel Regen niedergeht.
Am nächsten Morgen regnet es auch. Deshalb dauert es eine Weile, bis wir uns entschließen können, aufzustehen. Aber das Wetter hat ein Einsehen und es hört auf zu regnen. Und kurze Zeit später scheint sogar wieder die Sonne.
Heute Abend müssen wir wieder zu Hause sein. Der nächste Bahnhof ist Groß Quassow, ein kleines Nest in der Nähe des Kanals vom Großen Labussee zum Wobelitzsee. Bei der Fahrt über den Großen Labussee haben wir den Wind raumschots. Ziemlich kräftig. Windstärke 3, in Böen 4. Mehr sollte es nicht sein, zumindest wenn drei Kinder mit in der Jolle sitzen.
Der Wind reicht sogar noch ein kleines Stück in den Kanal. Dann heißt es noch mal rudern. Hier fahren auch wieder reichlich Motorboote, aber der Kanal ist breit genug für alle.
Bei Groß Quassow ist der Kanal von allerlei Verbotsschildern gesäumt. Bei dem Schild, wo es uns noch am wenigsten verboten erscheint, legen wir an, laden das Gepäck aus und ziehen das Boot aus dem Wasser.
Die Triebwagen der Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft fahren im 2-Stunden-Takt. Wir haben noch etwas Zeit bis der Zug fährt. So dürfen die Kinder noch etwas reiten. Die Fahrkarte, zurück nach Kratzeburg, kostet 4 Euro. Nach einer halben Stunde Eisenbahnfahrt und 10 Minuten Fußmarsch bin ich am Auto, und nach einer weiteren halben Stunde bin ich zurück in Groß Quassow.
Fazit: eine Fahrt über die oberen Havelseen mit einer Segeljolle ist möglich, wenn auch nicht ganz einfach. Ich denke das nächste Mal machen wir die Tour, wenn die Kinder etwas größer sind, mit dem Kanu.

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makowski@freenet.de