Auf den Seen der Mecklenburger Kleinseenplatte waren wir nun schon ein
paar Mal. Auf den östlichen Brandenburger Seen auch schon einmal.
Auf den westlichen Brandenburger Havelseen noch nie. Also soll unsere diesjährige
Pfingsttour in diese Gegend gehen. Entlang der Seenkette verläuft
eine Bahnlinie, so das man jederzeit zurück zum Ausgangspunkt kommen
kann, um das Auto zu holen.
Am Donnerstagabend, gegen 20:45, kommen wir in Hohenferchesar, einem
kleinen Ort am Nordostufer des Pritzerber Sees, an. Der Zeltplatz ist nach
einigem Suchen auch gefunden. Der kleine, auf einer Landzunge gelegene
Zeltplatz, wird von einem Ehepaar geführt, welches im Haus Seeweg
1 wohnt, etwa 200 Meter vor dem Zeltplatz. Dort muss man sich außerhalb
der Öffnungszeiten der Rezeption auch anmelden. 18,50 Euro kostet
die Nacht (2 Erwachsene, 3 Kinder, 1 Hund und 1 Auto) plus 4 Euro, für
die wir das Auto weitere 4 Nächte auf dem Parkplatz stehen lassen
können. Das Wasser des Sees ist herrlich warm, so dass wir alle noch
einmal baden, bevor wir schlafen gehen.
Am nächsten Morgen sind wir für Urlaubsverhältnisse
relativ zeitig wach. Über Frühstück, beladen des Bootes
und Aussortieren von vermeintlich überflüssigem Gepäck,
wird es doch 11 Uhr, bis wir endlich losfahren. Bei wenig Wind rudern wir
über den See. Nach dem wir unter der Brücke, die den Pritzerber
See von der Havel trennt, durch gefahren sind, stellen wir den Mast auf.
Der Wind ist stärker geworden und - wie könnte es auch anders
sein - kommt uns entgegen. Wir haben die Wahl, gegen an zu rudern oder
zu kreuzen. Ich entscheide mich für letzteres. Voll beladen sind die
am-Wind-Eigenschaften unserer Jolle nicht besonders gut. Mühsam nur
kommen wir in Richtung Plauer See voran. Nach etwa 5 Kilometer wird der
Wind schwächer. Wir rudern weiter. Dabei versuchen wir in der Landabdeckung
zu bleiben, da der Wind immer noch stark genug ist, um beim rudern zu behindern.
Eine Weile rudert Anna, dann auch Wiebke. Als Wiebke nicht mehr gegen den
Wind ankommt, setze ich mich wieder auf die Ruderbank. Da mein Blick nun
wieder nach hinten gerichtet ist, fällt mir die schwarze Wolke auf,
die von Nordwest heranzieht.
Wir beschließen anzulegen und hier zu übernachten. Zum Glück
haben wir 5 Liter Wasser dabei. An einem kleinen Sandstrand ziehen wir
das Boot an Land. Während ich das Zelt aufbaue gehen die Kinder noch
einmal baden. Anna spielt mit einem Mädchen namens Laura, Dina mit
einer Mischung aus Dackel und Schäferhund. Der Regen lässt sich
dann doch noch etwas Zeit, so dass auch der Rest der Familie noch zum Baden
kommt. Vom Gewitter sehen wir nur die Blitze über dem Plauer See.
Am nächsten Tag ist das Wetter anfangs recht trüb, aber nach
und nach kommt doch noch die Sonne raus. Erst etwa 11:30 geht es los. Wir
rudern Richtung Plauer See. Kurz vor dem See wird es spannend: Passt unser
5 Meter hoher Mast unter der Brücke durch oder nicht. Langsam schieben
wir uns an die Brücke heran, um bei Bedarf sofort wenden zu können.
Er passt! Wie viel Platz zwischen Verklicker und Brücke noch ist,
lässt sich schwer abschätzen. Auch unter der zweiten Brücke
kommen wir ohne Mastlegen durch. Diese Brücke ist schon ziemlich marode,
einzelne Teile sind schon gebrochen und werden nur notdürftig durch
ein paar Bandeisen vor dem gänzlichen Herunterfallen bewahrt.
Auf dem Plauer See ist es fast windstill. Wir rudern in Richtung Osten.
Die Halbinsel steuerbords steht unter Naturschutz. Weitere Schilder weisen
darauf hin, dass sie zum bundesdeutschen Eisenbahnvermögen gehört
und ein Betreten gesundheitsschädlich ist.
Es ist heiß. Langsam gehen unsere Getränkevorräte zu
Ende. 5 Liter Wasser sind für 5 Personen für eine Nacht und den
darauf folgenden Tag doch etwas wenig. Wir hätten doch noch ein paar
Tetrapacks mit Apfelsaft und ein paar Mineralwasserflaschen mitnehmen sollen.
Jetzt liegen sie im Auto und überschreiten wahrscheinlich gerade die
50°C-Marke.
So gegen halb fünf erreichen wir die Insel Kienwerder mit dem
darauf liegenden Campingplatz. Die Insel hat keinen Stromanschluss. Wasser
gibt es nur aus Handpumpen und sollte nur abgekocht getrunken werden. Die
sanitären Einrichtungen bestehen aus unregelmäßig im Wald
verteilten Holz- oder Plasthäuschen mit Plumsklo. Dafür ist es
sehr billig, 6,10 Euro die Nacht.
Nach Anmeldung, Zeltaufbau und einem kurzen Bad bricht über uns
das Nachmittagsgewitter mit Sturm und Hagel herein.
Nach dem Abendbrot laufen wir noch eine Runde um die Insel. Die Zeltplätze
befinden sich fest in der Hand der Dauercamper, manche kommen schon 24
Jahre hier her. Es gibt viele Hunde und Millionen von Mücken. Alles
ist noch nass vom Regen. Die Kinder haben bald die Nase voll vom Laufen.
Auch am nächsten Morgen sieht das Wetter nicht so toll aus. Gerade als
wir das Zelt abbauen wollen beginnt es wieder zu regnen. Also alles zurück
ins Zelt. Irgendwann hört es auch wieder auf. Trotz dem baue ich,
bevor wir los fahren, im Boot das Verdeck über der Sitzbank im Heck
auf - das Wetter sieht immer noch sehr unsicher aus.
Die Fahrt über den Breitlingsee ist schnell geschafft, die Einfahrt
zur Havel ist durch den Mast mit dem grünen Leuchtfeuer gut zu erkennen.
Die Strömung der Havel ist gering, wir kommen gut voran. Schon bald
sind auf der linken Seite die ersten Industriebauten Brandenburgs zu sehen.
Zwei Brücken kommen in Sicht. Unser Mast passt gerade so unten durch.
Am Gelände des Vereins „Freie Wasserfahrt“ legen wir an und bauen
das Zelt auf. Für Benzin für den Kocher laufe ich 3 Kilometer
zur nächsten Tankstelle. Als ich wieder beim Zelt bin, ereilt uns
das übliche Gewitter.
15 Euro kostet die Nacht, allerdings erscheint der Zeltplatzverantwortliche
des Vereins erst am nächsten Morgen, weshalb wir die Nacht ohne Schlüssel
zum Sanitärgebäude zubringen müssen - mit 3 Kindern erfordert
das eine etwas unkonventionelle Lösung des Pinkelproblems.
Eine Landkarte im Sanitärgebäude verrät, dass die nächsten
beiden Brücken eine Durchfahrtshöhe von nur 4 Metern haben. Also
lege ich vor der Abfahrt den Mast. Das wäre allerdings nicht nötig
gewesen, wie uns eine Markierung an der Brücke verrät. Beim derzeitigen
Wasserstand hätte man 5,20 Meter Höhe gehabt.
Immer links haltend gelangen wir zur Kreuzung mit dem Silokanal. Hier
muss man auf die großen Pötte achten, so langsam sind die gar
nicht.
Nachdem wir auf dem Beetzsee sind setzen wir das Segel. Natürlich
hat der Wind gedreht und kommt jetzt aus Nord bis Nordost. Aber er bläst
mit der für unsere Jolle idealen Stärke und so kommen wir trotz
Kreuzens gut voran. Am Anfang zumindest. Da man die Regattastrecke nicht
befahren darf, sind häufige Wenden erforderlich. Später verlegen
wir uns wieder aufs Rudern.
Vorbei an Radewege, unter einer Brücke durch (mit ausreichender
Durchfahrtshöhe) zum Campingplatz bei Butzow. Auf einem Schild am
Ufer steht, was alles verboten ist. Unter anderem auch Anlegen. Wir legen
trotz dem an und begehen damit unsere erste Übertretung der Zeltplatzordnung.
Würden wir hier zelten, würden wir eine zweite Übertretung
begehen, denn wir haben einen Hund. Das ist ganz schlecht, wie uns der
Platzwart mitteilt. So etwas ist hier unerwünscht. Seltsam, wir haben
seit wir einen Hund haben, schon auf vielen Zeltplätzen übernachtet,
bisher gab es nie Probleme. Unsere Verwunderung steigert sich noch, als
wir beim Ablegen sehen, wie aus einem Wohnwagen in Ufernähe ein Hund
kommt und uns nachblickt. Der Besitzer muss wohl ein besonders guter Freund
vom Platzwart sein.
Wir sind zunächst etwas ratlos. Zum nächsten Zeltplatz sind
es rund 10 Kilometer, das schaffen wir heute nicht mehr. Am Ufer haben
wir bisher auch noch keine Stelle entdeckt, wo man sich niederlassen könnte,
alles mit viel Schilf und sehr sumpfig.
Deshalb beschließen wir, nach Radewege zurück zu fahren,
das Boot aus dem Wasser zu holen und Heim zu fahren. Das wird zwar spät,
spart aber die Kosten für eine Nacht. Morgen Vormittag wollten wir
sowieso nach Hause fahren. Nach Auskunft eines Segellehrers, der gerade
seine verstreuten Ixylon-Segelschüler einsammelt kostet das Slipen
in Radewege 10 Euro. Wenn man aber nur eine kleine Jolle hat und neben
der Slipanlage auf der Wiese slipt, kostet es nichts, wie uns die Bedienung
der Gaststätte „Fischerhütte“ versichert.
Zu Fuß mache ich mich auf den etwa 6 Kilometer langen Weg nach
Hohenferchesar, um das Auto zu holen.
Meine Frau hat inzwischen das Boot ausgeladen und mit den Kindern in
der „Fischerhütte“ gegessen. Ich esse nur noch schnell eine Bockwurst
und trinke einen Pott Kaffee. Dann machen wir uns auf den Heimweg.