Pfingsttour 2008 von Potsdam nach Brandenburg
Das Telefon klingelt. Meine Frau ruft an. Endlich ist er da.
Für unsere diesjährige Bootstour durch Brandenburg habe ich per Internet einen kleinen Johnson Außenbordmotor gekauft, und war schon in Sorge, dass er nicht mehr rechtzeitig eintrifft. Immerhin ist schon Donnerstag, und am Sonntag wollen wir los.
Unser alter Außenbordmotor war für unser Boot zu sperrig und zu schwer und von der Leistung her reichlich überdimensioniert. Der neue ist klein, nur 13 kg schwer und mit 2,5 PS immer noch reichlich. Und ich erhoffe mir einen sparsamen Spritverbrauch.
Am Freitag Nachmittag mache ich einen Probelauf in der blauen Papiermülltonne. Der Kühlwasserstrahl ist etwas dürftig, aber sonst läuft er gut.
Eigentlich wollen wir die Tour in Brandenburg beim Wassersportverein „Freie Wasserfahrer“ beginnen, und dann auf der Havel in Richtung Osten fahren. Aber es ist Wind aus Nordost angesagt. Deshalb beschließen wir, unsere Tour in Potsdam zu starten. In unserem Wasserwanderatlas ist der Potsdamer Seglerverein als Zelt- und Parkmöglichkeit angegeben. Die Leute vom Seglerverein wissen zwar nichts von diesem Eintrag, aber wir können trotzdem für 4 Euro eine Nacht zelten und das Auto für 2 Euro pro Nacht stehen lassen. Die Kinder können baden und ein kleiner Spielplatz ist auch da.

Der nächste Morgen empfängt uns mit strahlendem Sonnenschein. Trotz dem dauert es bis halb zwölf, bis das Boot im Wasser und beladen ist. Es ist kaum Wind, und ich bin sowieso neugierig, wie sich der neue Motor fährt. Da ich erst mal vergesse, den Benzinhahn zu öffnen, dauert es eine Weile bis er läuft.
Ich bin zufrieden. Schon mit wenig Gas bringt der Motor das Boot auf eine Geschwindigkeit von etwa 6 km/h. Immerhin ist das Boot mit zwei Erwachsenen und drei Kindern beladen. Außerdem Gepäck und Dina, unsere Golden Retriever Hündin.
Mehr Gas gebe ich vorerst nicht. In der Bedienungsanleitung stand, dass der Motor die ersten Stunden mit nicht mehr als 3000 Umdrehungen pro Minute laufen soll.
Wir überqueren den nördlichen Teil des Templiner Sees. Für die Eisenbahnbrücke sind über 7 Meter Durchfahrtshöhe angegeben, so dass wir den Mast nicht legen müssen.
Da inzwischen etwas Wind aufgekommen ist, wollen wir hinter der Brücke segeln. Zum Segeln brauche ich das Ruder, das normalerweise hinten am Spiegel an Stelle des Außenbordmotors angebracht ist. Um mir den Abbau des Motors zu sparen, habe ich am Schaft des Motors eine Flosse angebracht, um mit dem Motor zu lenken. Leider erweist sich diese als zu klein und außerdem befindet sie sich im verwirbelten Wasser hinter dem Spiegel.
Ich muss also doch den Motor ab- und das Ruder anbauen.
Im Kanal zwischen Templiner See und Schwielowsee benutzen wir dann wieder den Motor. Unter der Eisenbahnbrücke rudern wir vorsichtig hindurch. Sie ist mit 5,1 Metern angegeben, unser 5 Meter Mast passt problemlos hindurch.
Bisher hatte man den Eindruck, noch durch die Stadt zu fahren, aber auf dem Schwielowsee wird es ruhiger. Trotzdem ist noch jede Lücke im Schilf mit Booten belegt.
Wir segeln weiter Richtung Süden. Unser ursprünglicher Plan war, in Ferch oder Flottstelle zu zelten. Doch dafür ist es noch viel zu früh. Durch den Motor sind wir viel schneller vorwärts gekommen. Deshalb wenden wir, um den See an seiner nordwestlichen Spitze zu verlassen und auf der Havel weiterzufahren.
Die meisten Motorbootfahrer nehmen Rücksicht, aber kurz vor Ausgang des Sees kreuzen zwei Dickschiffe im Halbgleitzustand unseren Kurs. Ich sehe das Unglück kommen, aber kann es nicht verhindern. Das Ergebnis sind zwei glitschnasse Kinder und 2 Zentimeter Wasser im Boot. Für die nächste Viertelstunde sind wir mit Schöpfen beschäftigt.

Wir biegen ab, auf den Glindower See. Ein Schild weist darauf hin, dass er zu den saubersten Seen von Brandenburg gehört. Das ist tatsächlich so, an flachen Stellen kann man bis auf den Grund sehen.
Bei der Brücke wird es noch einmal spannend. Laut Karte ist sie 4,7 Meter hoch. Wir rudern vorsichtig genau in der Mitte durch, hier ist der Brückenbogen am höchsten. Es passt. Ein Motorbootfahrer hinter uns wird ungeduldig, weil er nicht weiß, ob er uns links oder rechts überholen soll.
Auf dem Zeltplatz "Riegelspitze" herrscht Hundeverbot. Das erfahren wir aber erst in der Rezeption, als wir schon den ganzen Zeltplatz mit Hund überquert haben. Die Frau hinterm Tresen wundert sich, dass keiner der Dauercamper gemeckert hat, und gibt uns den Rat, es auf dem Zeltplatz bei Glindow zu versuchen, dort seien Hunde erlaubt. Um zurück zum Boot zu kommen müssen wir den Zeltplatz ein zweites Mal mit Hund überqueren.
Der Zeltplatz bei Glindow ist etwa 3 km entfernt. Letztes Jahr noch hätte das eine reichliche Stunde rudern bedeutet, mit Motor sind wir in einer knappen halben Stunde da. Vorher müssen wir noch eine Insel umrunden, weil die Durchfahrt nordwestlich der Insel gesperrt ist. In der gesperrten Durchfahrt liegen so viele Boote vor Anker, das wirklich kein Durchkommen ist.
Der Zeltplatz bei Glindow ist schwierig zu benutzen: Den Anmeldeschein muss man bei der Kassiererin der öffentlichen Badestelle nebenan ausfüllen. Am Folgetag zwischen 8 und 10 Uhr kommt jemand vorbei, bei dem man bezahlt. Mit 31,50 Euro eher teuer. Den Schlüssel für das Sanitärgebäude wird man nur bei einer dritten Person wieder los, die von dem, bei dem man bezahlt, eigens zu diesem Zweck herbeigerufen wird. Abfall fortschaffen geht nur zwischen 10 und 11 Uhr.
Wir bekommen einen Platz dicht am Wasser, in Bootsnähe. Es ist noch warm, wir können noch einmal Baden, aber im Nordosten sieht der Himmel irgendwie grau aus.
Am nächsten Morgen ist es windig und kühl. Wir essen im Zelt. Wegen des Wetters lassen wir uns Zeit, aber als wir etwa 11:30 losfahren scheint schon wieder die Sonne. Nach dem wir wieder auf der Havel sind, geht es weiter in Richtung Nordwest, an Werder vorbei. Von der Eisenbahnbrücke an segeln wir. Über die Autobahnbrücke sind wir schon oft gefahren. Heute fahren wir endlich mal unten durch.
Das Berliner Umland haben wir jetzt endgültig hinter uns. Um uns herum ist nur noch Natur mit Schilf und Seerosen und Wasservögeln.

Am Campingplatz Grünefeld sind wir dank des Motors wieder viel zu früh. Wir entschließen uns, bis zum Yachthafen Eden weiter zu fahren. Die Kinder sind jetzt auch alle mal mit Steuern dran. Bei Gegenverkehr oder beim überholt werden übernehme ich lieber wieder die Pinne.

Die Gegend hier ist herrlich ruhig. Ich bedauere fast, dass wir heute noch weiter gefahren sind. Morgen hätten wir mehr Zeit gehabt, um noch durch die vielen Altarme und seenartigen Erweiterungen der Havel zu fahren. In vielen herrscht Motorverbot und viele sind flach, aber das ist jeweils ausgeschildert.
Irgendwann geht der Motor aus. Das Benzin ist alle. Heute Morgen hatte ich den 1-Liter-Tank vollgetankt. Wenn ich die gesegelten Kilometer abziehe sind wir mit dem einen Liter 24 km gefahren – nicht schlecht. Allerdings mit nur rund 6 km/h.
Sechs Uhr abends kommen wir im Yachthafen Eden an und machen an einem schmalen schwankenden, aber dennoch ausreichend stabilen Steg fest. Die Übernachtung ist mit 29,50 Euro geringfügig billiger als gestern.
Damit der Hund noch etwas Bewegung bekommt, machen wir nach dem Essen noch einen Abendspaziergang durch die umliegenden Felder.
Die Abfahrt am nächsten Morgen verzögert sich etwas, weil mir meine Praktika ins Wasser fällt. Eins der Kinder hatte sie beim Beladen des Bootes etwas wacklig auf den schmalen Steg gelegt.
Die ersten Kilometer in Richtung Brandenburg fahren wir auf der Krummen Havel. Den Motor zu benutzen, empfinden wir in dieser Idylle als störend. Während die Kinder rudern dürfen, versuche ich das Innere meines Fotoapparates an der Sonne zu trocknen.

Per Telefon erkundigen wir uns, ob die Vorstadtschleuse Sportboote schleust. Dies ist der Fall, das erspart uns die Benutzung der Schleuse in der Innenstadt und damit die Unterquerung einer nur 2,7 Meter hohen Brücke. Wir hoffen, daß alle anderen Brücken für unseren Mast hoch genug sind.
Die Einfahrt in die Schleuse ist etwas aufregend, aber nur, weil mir der Motor beim Gang einlegen stehen bleibt. Zum Glück bekomme ich ihn recht schnell wieder an. Die Schleusenkammer selbst ist riesig, so das keine Platzangst aufkommt, obwohl wir zusammen mit einem Schubverband geschleust werden.
Hinter der Schleuse biegen wir links ab, Richtung Innenstadt. Wir wollen ein paar Lebensmittel einkaufen, hauptsächlich Brot und Brötchen. Das Anlegen gestaltet sich jedoch schwierig. Es ist praktisch fast überall verboten. Am Dom kostet es 2 Euro pro Meter Bootslänge. Wir verzichten darauf.
Die Brücken sind alle hoch genug, aber es ist knapp. An einer Brücke erzeugt das Sonnenlicht, das von der Wasseroberfläche reflektiert wird, einen Schatten des Verklickers am Brückenträger. Hier können wir deutlich sehen, das es nur zwei oder drei Zentimeter Abstand sind.
Am Stadtrand ist das Anlegen dann billiger, 2 oder 1,50 Euro pro Boot, zumindest tagsüber. Aber wir haben uns schon entschlossen zur Malge weiter zu fahren. Im Wasserwanderatlas ist dort eine Einkaufsmöglichkeit angegeben.
Die letzten Kilometer über den Breitlingsee zur Malge segeln wir. Wir bekommen einen Standplatz direkt am Wasser mit einer kleinen Badebucht, in der wir auch das Boot an Land ziehen können. Die Nacht ist mit 21,30 Euro immer noch teuer, aber im Vergleich zu gestern und vorgestern billig. Das Lebensmittelgeschäft hat von 8 bis 9 Uhr und von 15 bis 16 Uhr geöffnet, allerdings gibt es Brot und Brötchen nur auf Bestellung. Dies muss bis spätestens 17 Uhr am Vortag geschehen. Leider ist es schon nach 18 Uhr.
Sonst ist der Zeltplatz in Ordnung. Für die Kinder sind zwei große Trampoline, eine Tischtennisplatte und diverse andere Spiel- und Klettergeräte vorhanden.

Unser Abendessen fällt etwas dürftig aus, weil kein Brot mehr da ist. Deshalb gehen wir anschließend noch ins Restaurant. Das Essen ist gut, und die Bedienung bringt uns noch einmal Teller und Besteck extra, weil sich zwei von den Kindern eine Portion teilen.
Am nächsten Morgen versuchen wir es trotzdem mal im Lebensmittelgeschäft. Aber ohne Bestellung gibt es nur Knäckebrot. Das hat keinen Zweck, ich erinnere mich an den Urlaub in Island, als wir nur noch Knäckebrot hatten: nach der 13. Scheibe war mir schlecht, aber ich war noch nicht satt.
In Wilhelmsdorf soll es einen Nettomarkt geben. Wilhelmsdorf ist laut Karte etwa 3 km entfernt. Ich entschließe mich zu Fuß einkaufen zu gehen. Im Endeffekt sind es dann doch etwa 5 km. Nach 2 Stunden bin ich wieder da und wir können frühstücken.
Frau und Kinder wollen hier bleiben. Morgen müssen wir sowieso wieder nach Hause, und das Stück Havel von hier bis Pritzerbe kennen wir schon von unserer letzten Tour. Unsere Tagestour nach Plaue wird verkürzt auf eine Umrundung Kienwerders, weil der Himmel im Nordwesten zunehmend dunkler wird.
Später löst sich das alles wieder in Wohlgefallen auf, es scheint wieder die Sonne. Ich segele noch einmal alleine nach Kirchmöser um Bargeld zu holen. Der nächste Geldautomat ist allerdings rund 2,5 km vom Hafen entfernt. Ich jogge und bin in einer halben Stunde wieder am Boot. Da der Wind inzwischen völlig eingeschlafen ist, fahre ich mit Motor zurück. Dabei gebe ich das erste Mal eine längere Strecke Vollgas. Die erreichte Geschwindigkeit kann ich nur schätzen, wahrscheinlich so um die 12 bis 15 km/h.
Da wir nun wieder Geld haben, können wir noch mal ins Restaurant Eis essen gehen.
Am nächsten Tag mache ich mich mit Bus und Bahn auf den Weg nach Potsdam. Normalerweise muss man bis 12 Uhr abgereist sein. Aber wir dürfen länger bleiben, weil ich das Auto frühestens mittags in Potsdam abholen kann. Es dauert alles dann doch noch länger als geplant. Erst 14:30 bin ich zurück am Zeltplatz.
Auf der Heimfahrt regnet es das erste Mal wirklich während dieser Tour, dafür auch gleich sehr heftig. Etwa 19 Uhr sind wir zu Hause in Jena.