Pfingsten 2011

Stau. Stau, soweit das Auge reicht. Na gut, Stau ist vielleicht übertrieben, aber es geht so langsam vorwärts, das sich die Tachonadel noch nicht einmal aus ihrer Ruheposition erhebt. Das war am Freitag vor Pfingsten ja zu erwarten, aber ich hatte doch gehofft, das es nicht ganz so schlimm wird. Zum Glück habe ich gestern schon mal in Neustrelitz angerufen, und der Hafenmeister hat mir versprochen, die Sliprampe offen zu lassen. Im Boot auf dem Trailer zu schlafen, möchte ich dem Boot lieber nicht zumuten. So können wir das Boot noch ins Wasser lassen, als wir endlich halb neun am Stadthafen in Neustrelitz ankommen.
Die Sliprampe hat genau die richtige Steigung: steil genug, so das das Boot aufschwimmt, ohne dass man mit den Hinterrädern des Autos ins Wasser fahren muss, und flach genug, dass man mit dem Boot auf dem Trailer noch raus kommt. Das erweist sich als nötig, da ich beim ersten Anlauf die Lichtleiste im Wasser versenke. Wir verholen das Boot noch in eine freie Box, stellen den Mast und räumen das Gepäck ein. So ist es schon recht spät, als wir endlich in den Kojen liegen.
Am nächsten Morgen melde ich mich erst mal beim Hafenmeister. 11,- Euro kosten die Nacht und das Slipen. Den Trailer kann ich in einem umzäunten Gelände abstellen, und das Auto auf einem der reichlich vorhandenen kostenlosen öffentlichen Parkplätze. Beim Netto ganz in der Nähe hole ich frische Brötchen. Als ich zurück zum Boot komme, haben sich die Kinder auch langsam aus den Kojen gequält.
Nach dem Frühstück sind noch ein paar Restarbeiten zu erledigen, Segel anschlagen zum Beispiel. So ist es 11 Uhr, als wir endlich auslaufen. Der Wind ist schwach und – wie könnte es anders sein – kommt aus Süd, also uns entgegen. Unter Segel mühen wir uns über den See. Im Kanal kommen zahlreiche Brücken, hier legen wir den Mast. Außerdem kommt die erste Schleuse dieser Tour. Den Mast haben wir wieder gestellt.
Auf dem Woblitzsee ist immer noch wenig Wind. Trotzdem setzen wir die Segel und treiben langsam in Richtung Wesenberg. Zwischendurch legen wir noch eine Badepause ein. Der Wind ist so schwach, das wir nicht mal den Anker werfen brauchen. Ein Stück ziehe ich die Kinder mit Motor am Festmacher durchs Wasser, dann ist auch der Wind wieder da. Relativ schnell geht es nun nach Wesenberg, wo die nächste Schleuse auf uns wartet. Unter Motor geht es mit häufigem Mastlegen bis zum Yachthafen Priepert. In Landnähe im flacheren Wasser sind noch einige Boxen frei.
Wir melden uns bei der Hafenmeisterin an, bestellen Brötchen für Sonntag früh, und gehen erst mal Eis essen. Nach dem Abendessen - Sahnegeschnetzeltes mit Reis - schauen wir noch einen Film, Vorstadtkrokodile 2. Es wird recht spät.
Am Sonntagmorgen stehen wir deshalb erst etwa um neun auf. Nach dem Frühstück mit frischen Brötchen, sogar Mohnbrötchen sind dabei, geht es los. Nach einer halben Stunde sind wir bei der ersten Schleuse bei Strasen. Die lange Schlange von Booten lässt erahnen, was uns hier und an den nächsten Schleusen erwartet. Eine und eine dreiviertel Stunde dauert es, bis wir durch sind. Es sind viele große Boote dabei, und davon passen immer nur 3, manchmal auch 4, in die Schleuse. Und es dauert auch, bis die sich eingefädelt haben. Auffällig ist, dass das erste Boot immer einen relativ großen Abstand zum Schleusentor hat. Bis zum gelben Strich, bis zu dem man fahren dürfte, fährt praktisch keiner. Und bis sich dann noch die ganzen Faltboote und Kanus in die Lücken gequetscht haben, dauert es noch mal. Und so dauert es manchmal von einem Schleusengang bis zum nächsten in die gleiche Richtung eine dreiviertel Stunde.


Über den großen und den kleinen Pälitzsee segeln wir. Auf letzterem legen wir wieder eine Badepause ein.
An der nächsten Schleuse - der Canower Schleuse - sieht es erst recht hoffnungsvoll aus. Allerdings ist dann noch ein Fahrgastschiff vor uns dran, so dass es auch hier eineinhalb Stunden dauert.
Gleich hinter der Schleuse kommt eine Brücke, so dass ich in der Schleuse, während das Wasser steigt, den Mast lege. Da gleich hinter uns noch ein Boot liegt, muss ich mit dem Mast auf der Schulter warten, und die Kinder müssen allein ablegen und aus der Schleuse fahren. Aber sie schaffen das ganz gut.


17:45 Uhr kommen wir an die Dimitzer Schleuse. Ganz vorn wartet eine riesige Faltboot- und Kanutraube. Da abzusehen ist, dass bei der nächsten Schleusung nicht alle in die Lücken passen, gibt das eine wüste Drängelei. Der Schleusenmeister muss die Traube erst mal zurückpfeifen, damit die großen Boote einfahren können. Auch wenn es bis 19:15 Uhr dauert, bin ich froh, dass ich mich in die geordnete Reihe der Dickschiffe einreihen kann. Nach uns gibt es nur noch ein Schleusung zu Tal und eine zu Berg. Eine ganze Menge Boote, besonders in der Gegenrichtung, muss die Nacht am Schleusensteg verbringen.
Bis zur Marina in der Nähe von Mirow wäre es noch über eine Stunde Fahrt. Wir beschließen deshalb, gleich hinter der Schleuse auf dem Großen Peetschsee zu ankern, der sich gut dafür eignet, weil er in Wahrheit sehr klein ist. Aber er ist tief, so dass ich die Ankerkette mit einem Festmacher verlängern muss, und trotzdem mehrere Anläufe brauche, bis der Anker greift. Auch wenn am nächsten Morgen gleich wieder eine Brücke kommt, stellen wir über Nacht den Mast, weil es so in der Plicht bequemer ist. Zum Abendessen gibt es Königsberger Klopse mit Kartoffeln und Mischgemüse in Butter mit Semmelbröseln. Es ist ein traumhaft ruhiger Abend.



Am nächsten Morgen ist strahlender Sonnenschein. Bevor ich Kaffeewasser aufsetze schwimme ich noch eine Runde ums Boot. Hier auf dem See gibt es natürlich keine frischen Brötchen, aber wir haben noch fast ein ganzes Brot.
Ehe wir los fahren, legen wir noch den Mast auf die über Kreuz zusammen gebundenen Paddel, denn im Moment ist es noch windstill und uns steht eine längere Kanalfahrt bevor. Im Zotzensee legen wir noch eine Badepause ein, wieder mit Seilschlepp für die Kinder.
Bei der Schleuse bei Mirow sind wir zwar gleich bei der nächsten Fuhre dabei, aber da kurz vor uns erst eine Bergschleusung war, müssen wir trotzdem eine Dreiviertelstunde warten. Der nachfolgende Kanal ist auf 5 Kilometer Länge schnurgerade, aber landschaftlich doch netter als erwartet. An den Rändern hat sich stellenweise schon ein schmaler Schilfgürtel gebildet. Nach der Straßenbrücke kurz vor Rechlin stellen wir ein letztes Mal den Mast.
Inzwischen bläst es ganz ordentlich, so das ich die Genua noch gegen die Fock tausche. Bei diesem Wind macht das Segeln richtig Spaß. Erst achterlicher Wind mit Schmetterling, später raumschots. In Böen erreichen wir fast 5 Knoten, sonst sind es zwischen 3 und 4. Zwei mal reffe ich sogar das Großsegel. Die meiste Zeit steuert Anna. Es bilden sich Wellen, die für die FAM allerdings noch kein Problem sind, früher mit unserer Jolle wäre es schon mehr als grenzwertig gewesen. Es ist schön, nach all den Schleusen und Brücken mal eine größere Strecke richtig zu segeln.
Gegen 19 Uhr laufen wir in die Binnenmüritz ein. Drei Häfen stehen zur Auswahl, ich wähle den ganz links den in der "Stillen Bucht", gleich beim Campingplatz, auch wenn er am weitesten von Waren entfernt ist, da ich weiß, das dort eine Slipmöglichkeit ist. Wir legen an einem freien Schwimmsteg an. Telefonisch melde ich mich noch beim Hafenmeister an.
An der Rezeption des Campingplatzes erhalten wir für 4 Euro zwei Key-Cards, mit denen wir die Sanitären Einrichtungen des Zeltplatzes nutzen können, und Eis gibt’s hier auch noch mal.
Leider hat der Hafenmeister am Telefon nicht gesagt, dass Abends das Tor zum Steg verschlossen wird. Jemand, der zufällig vorbeikommt, schließt uns zwar noch mal auf, aber ich muss nun extra noch das Schlauchboot aufpumpen, sonst könnten wir abends nicht mal mehr auf die Toilette oder Zähneputzen gehen. Das erlebt man leider oft: alles ist verriegelt und verrammelt, so das man auch als zahlungswilliger oder schon gezahlt habender die verschiedenen Einrichtungen nicht nutzen kann.
Am Dienstag müssen wir leider schon wieder nach Hause. Meine Tochter rudert mich an Land (der Steg ist immer noch verschlossen) und ich laufe nach Waren zum Bahnhof. Der Fahrkartenautomat stellt zwar lauter unsinnige Fragen, aber er spuckt zum Schluss doch noch eine einfache Fahrt nach Neustrelitz aus. Das Auto und den Trailer holen klappt soweit problemlos, sogar die gewässerte Lichtleiste funktioniert noch, aber in Waren ist Stau, so dass ich erst 10:45 Uhr auf dem Zeltplatz zurück bin. Die Kinder haben zum Glück schon etwas gepackt, denn bis 13:00 Uhr müssen wir vom Zeltplatz runter sein. Die Slipstelle ist unbefestigt, eigentlich eher ein einfacher Sandstrand, aber mit etwas Hilfe bekommen wir das Boot aus dem Wasser. Boot und Auto beladen - etwa halb eins verlassen wir den Zeltplatz. Abends halb acht sind wir wieder zu Hause in Jena.