Pfingsten 2012

Dieses Jahr sollten es die großen Seen westlich der Müritz sein – Kölpinsee, Fleesensee, Plauer See – sozusagen eine Fortsetzung des letzten Pfingsttörns. Eigentlich wollten wir bei der Marina Eldenburg starten. Da aber hier der Hafenmeister um 17:00 Uhr Feierabend macht, und dann keiner mehr da ist, der einem die Sliprampe aufschließt, starten wir schließlich in Rechlin. Nach längerem Telefonieren erweist sich der hier ansässige Seglerverein als einzige Möglichkeit, noch nach 21:00 Uhr mit dem Boot ins Wasser zu kommen. Das bedeutet zwar eine zweimalige Müritzüberquerung, aber da die Kinder von Freitag bis Dienstag frei haben, haben wir vier „Seetage“. Das Ziel Plauer See müsste also trotzdem erreichbar sein.
Nach viel Stress und Hektik auf Arbeit und dann zu Hause mit letzten Vorbereitungen schaffe ich es tatsächlich, Anna halb vier von der Schule abzuholen. Die Fahrt auf der Autobahn ist danach die reinste Erholung. Kurz nach 20:30 Uhr sind wir in Rechlin, müssen aber noch etwas suchen, bis wir die richtige Zufahrt zum Seglerverein gefunden haben.
Eine Stunde später ist das Boot im Wasser und der Mast gestellt, die restlichen Arbeiten verschieben wir auf morgen.
Gegen 8 Uhr wachen wir auf. Die Sonne strahlt von einem wolkenlosen Himmel. Erst mal Frühstück. Dann den Trailer zum Trailerstellplatz fahren. Die Kinder kaufen in der Zeit im NETTO noch ein paar Dinge, die wir vergessen haben: Ein Fressnapf und eine Decke für den Hund, Klopapier und noch ein paar Kleinigkeiten. Dann noch ein paar Arbeiten am Boot: Segel anschlagen, Solarmodul installieren, Großschot, Baumniederholer...
Gleich nach der Hafenausfahrt setzen wir die Segel. Aber in der Ausfahrt aus der Kleinen Müritz in die Müritz steht der Wind genau entgegen, aus Nordost. Zum Kreuzen ist zu viel Verkehr. Also noch mal Motor. Und da der Wind ziemlich heftig ist, zwischen 4 und 5 Bft., und um ein paar Kreuzschläge zu sparen, lassen wir den Motor erst mal an. Etwa die halbe Strecke zum Bolter Kanal.
Aber wir sind ja zum Segeln hier. Wegen des Windes nur mit dem gerefften Groß. Das neu gebaute Einleinenreff bewährt sich, Reffen ist jetzt eine Sache von einer halben Minute. Der Wendewinkel ist zwar bescheiden, wie ich auf dem neu gekauften GPS sehe, aber da wir mit 4 Knoten segeln kommen wir trotzdem vorwärts. Erst mal genau gegen den Wind, in Richtung NO-Ufer. Später, als die Wellen wegen der Landabdeckung niedriger werden, in Richtung NNW. Das wird sogar ein Anlieger, nur an der Untiefe Rosenberg muss ich einen kleinen Kreuzschlag machen. Später versuchen wir es auch mal mit der Fock, aber die holen wir recht bald wieder ein, der Wind ist uns zu stark.
In der Einfahrt zur Binnenmüritz wird noch mal gekreuzt, aber dann holen wir das Segel ein, das erste Mastlegen steht auf dem Programm. Wir müssen die B192 unterqueren.
Gleich nach der Brücke, der Mast steht wieder, biegen wir nach rechts ab, zur Marina Eldenburg. Spät genug ist es. In der Marina liegen fast nur riesige, fette Motorboote. Eine Pénichette, für uns ein Dickschiff, wirkt hier vergleichsweise klein. Wir legen uns längsseits an den Hauptsteg und dürfen dann dort auch liegen bleiben, wahrscheinlich sind dem Hafenmeister für ein 5,4 Meter Boot seine riesigen Boxen zu schade. Unsere Heckleinen wären so wie so zu kurz.


Nachdem wir die Liegegebühr, 9 Euro, bezahlt haben, gehen wir erst mal Eis essen. Danach Abendessen, während der Reis kocht, fädle ich eine neue Reffleine ein, die alte war viel zu lang. Für den Abwasch muss ich mir dann noch Wasser warm machen, eine Spüle gibt es hier nicht, die Dickschiffe haben so was an Bord.
Am nächsten Morgen scheint wieder die Sonne. Nach dem Frühstück geht es los, 10:45 Uhr, für unsere Verhältnisse regelrecht zeitig. Schließlich sind wir erst 9:00 aufgestanden. Noch im Kanal ist eine Hochspannungsleitung zu unterqueren, bei einer Durchfahrtshöhe von 14 Metern für uns kein Problem.
Der Wind ist ideal, NO wie gestern, Stärke 3. Mit annähernd 4 Knoten haben wir nach einer Stunde den Kölpinsee überquert.


Im Fleesensee machen wir erst mal eine Badepause. Erstens ist es tatsächlich sehr warm, zweitens will ich den 5 kg-Anker ausprobieren, den ich für unseren Sommerurlaub in Schweden gekauft habe. Der Anker hält, aber das Wasser ist saukalt. Ich tauche nur ganz kurz unter, Wiebke hält es wesentlich länger aus.
Weiter geht’s. Kurz vor Malchow nehme ich wieder den Motor. Wie üblich erst Vollgas, um die Brückenöffnung nicht zu verpassen, dann Kreise fahren vor der Brücke, weil doch noch Zeit ist. Als die Brücke dann offen ist, schleichen die Boote durch die Brücke. Schuld daran ist ein Mann, der von der Brücke aus mit einem obstpflückerähnlichen Gebilde Spenden der Bootsfahrer für den Erhalt der Brücke entgegen nimmt.
Zwei Kilometer weiter wird es spannend. Wieder eine Hochspannungsleitung, diesmal Durchfahrtshöhe 8 Meter. Unser Mast hat genau 8 Meter. Zwar weiß ich, das bei der Angabe der Durchfahrtshöhe alles mögliche Eingerechnet wird: Wasserstandsschwankungen, Seildehnung, Mindestabstände zu stromführenden Leitungen. Trotzdem ist da ein leises Kribbeln im Magen, als die Mastspitze mit gefühlten 2 cm Abstand unter den Kabeln durchgleitet.
Vor der Autobahnbrücke müssen wir den Mast legen. Und er kann auch gleich liegen bleiben, denn kurz vor dem Plauer See kommt noch eine Brücke.
Der Mast steht wieder. Endlich wieder Segeln, Kurs Südwest. Der Wind kommt genau von hinten.
Die Hafensituation ist etwas diffus. Drei Einfahrten stehen zur Auswahl. In Ermangelung einer Kennzeichnung, wo sich Gastliegestellen befinden, wählen wir die mittlere. Falsch. Wir finden uns auf einem Hafengelände ohne jegliche Versorgung wieder. Mit verschlossenem Tor, ein Verlassen dieses Bereichs ist nur durch Überklettern von Zäunen möglich.
Also wieder raus. Zweiter Versuch, die rechte Einfahrt. Hier waren ein Hafenbüro und ein Eisverkauf zu sehen. Anfrage beim Hafenmeister nach einem Liegeplatz. Die Auskunft: wir sollen in die ganz linke Einfahrt rein und dort anlegen. Das hätten wir auch einfacher haben können.
Die Liegegebühr beträgt auch hier 9 Euro und man kann Brötchen bestellen. Erst mal Eis essen und dann Abendbrot. Kurz vor dem Schlafengehen, auf dem Rückweg vom Sanitärgebäude zum Boot, beginnt es zu regnen.
Am nächsten Morgen ist es bewölkt, aber es regnet wenigstens nicht. Der Wind kommt immer noch mit Stärke 3 aus Nordost. Das beschert uns auf dem Plauer See eine wunderschöne Kreuz. Mit Fock und ungerefftem Groß ist auch der Wendewinkel für unsere Verhältnisse gar nicht so schlecht: zwischen 110 und 120 Grad. Den größten Teil der Strecke über den See steuert Anna. Nur das letzte Stück steuere ich, und dann müssen wir auch schon wieder den Mast legen. Hinter der Autobahnbrücke stellen wir ihn wieder, fahren aber mit Motor weiter. Gegenwind und Verkehr, außerdem wollen wir die Brückenöffnung 14:00 Uhr erreichen. Über den Fleensensee wird wieder gekreuzt, auf dem Kölpinsee wird es durch eine Winddrehung fast ein Anlieger. Das zweite Mastlegen und -stellen heute. Annas Hände tun schon weh, sie hat die undankbare Aufgabe, beim Stellen mit dem Fall den Mast nach vorne zu ziehen, damit ich, ohne die Wantenspanner zu lösen, das Vorstag einhängen kann.
Heute wollen wir im Stadthafen Waren unser Glück versuchen. Die Einfahrt ist mit Bojen gekennzeichnet, man muss einen relativ großen Bogen fahren. Rechts der Einfahrt ist ein Hafenplan und Kennzeichnung, welche der Stege für Gastlieger vorgesehen sind. So was hätten wir gestern auch gebraucht. Entgegen meinen Befürchtungen sind noch ausreichend Boxen frei.
Das Hafenbüro ist am östlichen Ende des Hafenbeckens. Hier erhält man auch den Zahlencode für die Sanitärräume im selben Gebäude. Für die Nacht zahlen wir 12,50 Euro.
Nachdem wir noch etwas aufgeräumt haben gehen wir Pizza essen, die Pizzeria ist nur 100 Meter entfernt. Heute mal kein Abwasch, da macht es nichts, das es hier keine Spüle gibt.


Letzter „Seetag“. Heute also Rückfahrt über die Müritz nach Rechlin. Wieder strahlender Sonnenschein, der Wind hat aber gedreht auf Südwest. Also erst mal gegen den Wind unter Motor über die Binnenmüritz. Dann in der Durchfahrt auf die Müritz die Segel hoch. Der Wind ist kräftig, anfangs denke ich sogar übers Reffen nach. Wir halten uns so weit wie es geht westlich, wenn der Wind so bleibt, werden wir auf dem letzten Stück kreuzen oder unter Motor fahren müssen.
Vorerst kommen wir ganz gut voran. Der Wind dreht sogar erst auf West, später Nordwest, so dass wir nicht mehr so auf die Höhe achten müssen. Aber er wird auch schwächer. Eine Zeit lang ist er so schwach, dass unsere Geschwindigkeit auf weniger als 1 Knoten sinkt. Wiebke und ich baden noch mal, und lassen uns am Festmacher hinter dem Boot herziehen.
Gegen 16:00 Uhr legen wir an einem der verwinkelten Stege des Seglerhafens Rechlin an. 110 km sind wir gefahren, davon 70 km gesegelt.
Mit dem GPS bin ich ganz zufrieden. Nicht dass ich es hier binnen wirklich gebraucht hätte. Ich habe es mir eigentlich für den kommenden Sommertörn durch die Stockholmer Schären gekauft. Aber trotz des winzigen Displays hat es die Papierkarte weitestgehend ersetzt. Es ist halt wesentlich einfacher, das GPS aus der Hosentasche zu ziehen, als bei Wind eine Papierkarte auseinander zu falten.
Am nächsten Tag slipen wir und sind gegen 17:00 Uhr zu Hause.