Rügen - Sommer 2023


Dieses Jahr wird es nur ein kurzer Törn. Da ich bereits zwei Wochen Urlaub für einen Gleitschirm-Kurs verbraucht habe, bleiben für den Bootsurlaub auch nur zwei Wochen. Und da ich vom Gleitschirm-Kurs erst am Sonntag nach Hause gekommen bin, geht es auch erst am Montag los. Zwei meiner inzwischen schon erwachsenen Kinder sind diesmal mit von der Partie.
Nachdem es auf den letzten 100 km in Strömen geregnet hat, kommen wir bei nur noch leichtem Nieselregen in der Marina Neuhof in der Nähe von Stralsund an. Das Slippen geht schnell, aber über Mast stellen, Großbaum montieren und Essen kochen, alles im Nieselregen, vergeht doch einiges an Zeit, so dass es bereits nach 23 Uhr ist, als wir in die Kojen kriechen.

Dienstag, 01.08.2023
Für die nächsten Tage ist windiges, regnerisches Wetter angesagt. Deshalb wollen wir erstmal binnen bleiben, Schaprode oder Vitte auf Hiddensee ist unser Ziel.
Über dem Anschlagen der Segel und sonstigen Restarbeiten am Boot, ist es nach 11 Uhr, als wir starten. Unter Motor geht es raus bis auf den Strelasund und dann unter Segel weiter in Richtung Stralsund. Dank des kräftigen Windes ist es kein Problem, die 12:20 Uhr Brückenöffnung der Ziegelgrabenbrücke zu erreichen. Weiter geht es in Richtung Norden. Der Wind wechselt zwischen Stärke 3 und 4, manchmal auch 5, aus Südwest bis Nordwest, so dass es, besonders gerefft, nicht ganz einfach ist, die erforderliche Höhe zu fahren. Der Himmel in Richtung Süden färbt sich langsam dunkel und irgendwann sind die ersten Blitze zu sehen. Um dem Gewitter zu entgehen, biegen wir nach Schaprode ab, obwohl wir den Abzweig schon eine halbe Seemeile hinter uns gelassen haben. Im Endeffekt erreicht uns aber nur ein Ausläufer des Gewitters. Vermutlich wäre es problemlos möglich gewesen weiter nach Vitte oder Kloster zu fahren, die wir später von Schaprode aus im Sonnenschein liegen sehen. Und etwas später ist auch hier in Schaprode das Wetter wieder schön.


Mittwoch, 02.08.2023
Meine große Tochter macht mit Mann und Hund zurzeit Urlaub in Wiek. Da wir noch nie mit dem Boot in Wiek waren, bietet es sich an, sie dort zu besuchen.
Da es deshalb heute nicht weit ist, lassen wir uns Zeit. Erst gegen 11 Uhr geht es los. Bis ins Fahrwasser mit Motor, dann Segel. Der Wind weht mit 3 bis 5 Bft. aus Südsüdwest, ideal. Zeitweise müssen wir reffen.
Obwohl Wiek nicht so groß ist, bietet es 2 Häfen. Zum einen das Hafendorf Wiek, nordwestlich der alten Kreideverladebrücke. Zum anderen die Marina Wiek im alten Hafen, in der wir kurz nach 14 Uhr fest machen.
Meine Tochter und ihr Mann wollen heute die Störtebeker-Vorstellung in Ralswiek besuchen. Nach einem Kaffeetrinken bei uns auf dem Boot, lassen sie den Hund bei uns und fahren los. So muss der Hund nicht die Knallerei bei Störtebeker ertragen. Leider haben sie mit dem Wetter Pech, fast die ganze erste Hälfte der Vorstellung regnet es.

Donnerstag, 03.08.2023
Heute soll es nur eine kleine Runde über den Bodden gehen. Meine Tochter und ihr Mann möchten heute mitsegeln, außerdem ist es eine gute Gelegenheit, zu schauen, wie seefest der Hund ist, falls eine Mitfahrt auf dem Boot irgendwann mal nötig sein sollte. Ich bezahle beim Hafenmeister gleich die nächste Nacht und drehe in der Box das Schild auf Rot. So haben wir unseren Liegeplatz sicher. Hoffe ich jedenfalls. Bevor es los geht, warten wir noch einige Regenschauer in der Kajüte ab. Mit 5 Personen und einem Hund ist es in der Kajüte wirklich eng.
Der Wind ist ähnlich wie gestern. Mit Fock und zweifach gerefftem Groß kreuzen wir in Richtung Südwest. Mit 5 Personen beladen liegt das Boot wie ein Brett auf dem Wasser, fährt aber auch so.
Nach dem 3. oder 4. Regenschauer reicht es uns dann auch. Meine Tochter und ihr Mann haben kein richtiges Regenzeug, sondern nur die Ponchos von der Störtebeckerfestspielen. Diese erweisen sich für eine Seefahrt als nur bedingt geeignet. Mit Rückenwind geht es zurück nach Wiek. Der Liegeplatz ist tatsächlich frei geblieben. Der Hund hat sich auf dem Boot offensichtlich wohl gefühlt und ist irgendwann sogar eingeschlafen. Damit hat er sich den Titel „Seehund“ verdient. Abends gehen wir dann alle nochmal zusammen Pizza essen.

Freitag, 04.08.2023
Heute soll es für uns zu den Störtebeker Festspielen gehen. Gegen 10 Uhr geht es los. Das Wetter ist nach den regnerischen letzten Tagen heute richtig schön. Der Wind kommt mit 5 Bft. aus West. Mit dem Großsegel im 2. Reff lässt sich die Höhe für die Ausfahrt aus dem Wieker Bodden nicht ganz halten. Deshalb nehmen wir noch den Motor hinzu, 1/3 Gas reicht aus, der Hauptvortrieb kommt doch durch das Segel. Auf dem Ostkurs in Richtung Breege ist das dann nicht mehr nötig, mit Schmetterling aus Fock und Groß überholen wir sogar ein anderes Boot, eine Haber 660. Sie hat eine relativ hohe Kajüte und vermutlich viel Platz im Inneren.


Auch im Großen Jasmunder Bodden können wir weiter segeln. Die beiden einzelnen Tonnen mitten auf dem Bodden lasse ich aus. Es ist hier überall tief genug und im Gegenlicht sind sie ohnehin schlecht zu sehen. 14:30 Uhr legen wir in Ralswiek in der hintersten Boxenreihe an.
Für den Rest des Tages haben wir schönes Wetter, strahlenden Sonnenschein. Wir trinken Kaffee im Cockpit und essen Backfisch auf dem ersten Hochseekutter der DDR, der hier im Hafen liegt. Die Störtebeker Festspiele können wir trocken genießen und nach dem Abschlussfeuerwerk haben wir es nicht weit zum Boot.

Sonnabend, 05.08.2023
Auch heute ist das Wetter wieder schön. Nur der Wind kommt aus Nord. Für die Rückfahrt über den Großen Jasmunder Bodden natürlich erst mal nicht so günstig. Deshalb starten wir erst mal mit Motor. Die Hoffnung, dass wir ab Breege segeln können, erweist sich als falsch. Denn als das Fahrwasser nach Westen abbiegt ist der Wind weg. Eine Seemeile ringen wir noch den letzten verbleibenden Windresten ab. Aber als das Boot überhaupt nicht mehr aufs Ruder reagiert und eine nach der anderen der Yachten in der Nähe die Segel einholt und mit Motorkraft weiterfährt, nehmen auch wir den Motor.
Wieder geht es an der Wittower Fähre vorbei, und unter einer Hochspannungsleitung hindurch. Immer wenn ich hier vorbeikomme, wundere ich mich, dass so eine Hochspannungsleitung nötig ist, um die doch gar nicht so große Halbinsel Wittow zu versorgen.
Diesmal geht es nicht rechts rein in den Wieker Bodden, sondern gerade aus.
Vitte ja immer etwas spannend von den Liegeplätzen her. Aber am innersten Steg finden wir noch einen freien Platz. Wir müssen nur einen Festmacher vom Nachbarboot aushängen und nachdem wir durchgefahren sind, wieder einhängen.


Als wir vom Lebensmitteleinkauf wieder kommen, ist unser Nachbar abgefahren und eine FAM liegt an seinem Platz. Selten, dass wir mal außer der unseren eine weitere FAM auf der Ostsee sehen.

Sonntag, 06.08.2023
Es ist schon seit längerer Zeit in der Wettervorhersage zu sehen: Die nächsten zwei Tage, Montag und Dienstag, sollen stürmisch und regnerisch werden. Bis Windstärke 8. Nicht, dass man es auf Hiddensee nicht ein paar Tage aushalten könnte. Aber meine Tochter muss Mittwoch früh mit dem Zug nach Hause. Deshalb wollen wir heute nach Stralsund fahren. Dort sollte man es auch ein paar Tage aushalten können. Weil Regen und Wind schon am Nachmittag anfangen sollen, fahren wir heute für unsere Verhältnisse relativ zeitig ab. Der Wind kommt ideal, aus Nord bis Nordost. Schon in der Fahrrinne nach Vitte können wir die Segel setzen. Mit Windstärke 3, später auch mehr, geht es in Richtung Stralsund. Teils Schmetterling, teils beide Segel an Steuerbord, ein schönes Segeln.
Es geht flott voran, wir kommen schon kurz nach 14 Uhr in der City Marina Stralsund an. Nicht ganz unwichtig, wenn man einen der wenigen freien Plätze ergattern will. Jedenfalls haben wir Glück und finden weit innen an Steg 4 eine freie Box mit grünem Schild. Wie all die anderen auch, die vor uns beim Hafenmeister in der Schlange stehen, buchen wir den Liegeplatz gleich für die nächsten drei Nächte.
Der Regen kommt schon am frühen Nachmittag. Langsam beginnt auch der Sturm im Mastenwald des Hafens zu orgeln. Ganz innen im Hafen ist Blaulicht und ein Großaufgebot an Feuerwehr. Eine Yacht liegt in einer Ölsperre, was fehlt ist das Öl.
Eigentlich wollen wir heute Pizza essen gehen. Bei dem Mistwetter auf dem Boot zu kochen, habe ich keine Lust. Aber alle Pizzerien (Plural von Pizzeria) sind voll, Tische nur auf Vorbestellung. In der Stadt finden wir dann noch eine Dönerbude, die auch Pizza im Angebot hat, preiswert und gut.

Mittwoch, 09.08.2023
Viel haben wir nicht gemacht, in den vergangenen zwei Tagen. Abwarten in Regen und Sturm. In den Regenpausen auch mal Einkaufen und Tanken. Beim Anblick der Schlange am Ozeaneum verlor man die Lust auf einen Besuch. Die Schifffahrt nach Hiddensee wurde aus „hydrometeorologischen“ Gründen eingestellt. Das in den Hafenwellen schwankende Sanitärhäuschen an Steg 8 erlitt Havarie und war eine Zeit lang gesperrt. Auch unser Kocher war im Dauerregen abgesoffen. Der Piezo-Zünder gab keinen Funken mehr. Und die Streichhölzer, die ich seit über 10 Jahren für genau diesen Notfall mit mir führe, funktionierten auch nicht mehr. Zum Glück besaß ich zwei ausreichend lange Kabel mit Bananensteckern: Mit dem Bordnetz verbunden, eins an Kochermasse und mit dem anderen kurz am Brenner langgestreift, schon brennt die Flamme.
Seit gestern Abend ist das Wetter wieder ok.
Heute früh habe ich meine Tochter zum Bahnhof gebracht. 3 Tage haben mein Sohn und ich noch Zeit, Freitagabend wollen wir in der Marina Neuhof sein, damit wir am Sonnabend heimfahren können. Der Wind soll die meiste Zeit aus West kommen. Da uns nichts Besseres einfällt, entscheiden wir uns für nochmal Hiddensee, heute hin, morgen dort und übermorgen zurück.
Anfangs ist der Wind noch schwach, unter Groß und Fock geht es in Richtung Norden. Langsam nimmt der Wind zu und dreht auf Südwest. Wir reffen, erst 1. Reff, dann 2. Reff und schließlich rollen wir auch die Fock ein. Es geht ordentlich vorwärts. Die Wellen sind inzwischen einen halben Meter hoch. Eine kurze steile Boddenwelle. Meist kommen sie schräg von hinten, das ist ok. Da das Fahrwasser allerdings nicht gradlinig nach Norden führt, sondern häufig die Richtung wechselt, gibt es Abschnitte, wo sie von der Seite kommen. Dann spritzt es ins Boot. Gut, dass ich prophylaktisch das Regenzeug angezogen habe.
Erst im Fahrwasser nach Vitte holen wir das Groß ganz ein. Das Anlegen ist wegen des Windes gar nicht so einfach. Wir brauchen mehrere Anläufe, immer wieder drückt es den Bug aus dem Wind.
Nach dem Einkaufen gehe ich noch eine Runde. Auf der Westseite der Insel hat der Sturm Unmengen von Seegras an den Strand gespült. Vom Strand, an dem wir vor 4 Tagen Baden waren, ist nicht mehr viel zu sehen. Auf der Höhe von Kloster werden Seegras und Kies von einer Unmenge von Menschen durchwühlt. Ich vermute Bernsteinsucher. An „vorderster Front“ stehen manche sogar mit Kescher im Wasser, um das treibende Seegras noch vor dem Anlanden zu bergen.


Im Seglerhafen von Kloster wären auch noch einige Plätze frei gewesen. Die Liegegebühren soll man mit dem Smartphone zahlen, zur Not scheint es aber auch noch einen Hafenmeister zu geben. Duschen und WCs finde ich erst mal nicht, soll es laut Webseite aber geben. Vermutlich im Gebäude auf der anderen Seite des Hafenbeckens.

Donnerstag, 10.08.2023
Heute ist Wandertag. Nach dem Frühstück geht es los. Kloster mit einem kurzen Besuch des Inselmarktes. Grieben, Enddorn.


Auf dem Weg zum Svantiberg kommt uns ein Pferdewagen entgegen. Der Kutscher erzählt gerade, dass das Gebäude hier das ehemalige Leuchtturmwärterhaus war. Ich hatte mich schon immer gewundert, was das für ein Gebäude ist. Bei der Größe hätte ich es bisher eher für eine ehemalige Stasibonzendatsche gehalten.


Am Leuchtturm selbst wird gerade gebaut, er ist von einem Gerüst, welches mit weißem Stoff bedeckt ist, umgeben. Weit im Nordwesten ist die Insel Møn zu sehen und im Osten der Hafen von Wiek, wo wir vor einer Woche waren.


Weiter geht es am Klausner vorbei, die Treppe runter zum Strand.


Auf dem Steindamm kann man heute nicht gehen, sofern man nicht nass werden will. Die Wellen sind immer noch so hoch, dass sie von Zeit zu Zeit drüber spritzen.


Am Strand entlang und auf dem Weg auf den Dünen geht es zurück nach Vitte, nochmal Einkaufen im EDEKA. Mein Sohn findet auf Anhieb eine Dose mit Königsberger Klopsen, die ich heute früh vergeblich suchte.

Freitag, 11.08.2023
Heute geht es zurück zur Marina Neuhof. Unser letzter „Seetag“. Der Wind kommt immer noch aus Südwest. Für uns zu südlich, solch eine Höhe am Wind können wir nicht fahren. So nehmen wir den Motor. Damit sind wir nicht allein. Die meisten Boote, die in unserer Richtung unterwegs sind, fahren ebenfalls mit Motor. Und selbst, von denen, die die Segel gesetzt haben, fahren die meisten „heimlich“ mit Motor, einen Kegel hat kaum einer gesetzt.
Aber ab Höhe Umanz geht es dann auch für uns mit Segeln weiter. Ohne Motor. Allerdings müssen wir um jeden Meter Höhe kämpfen. Stralsund ist schon von weitem deutlich zu sehen, so dass ich erst vermute, viel zu früh da zu sein. Aber weil der Wind schwächer wird, müssen wir für die letzten Meilen doch nochmal den Motor nehmen, um den Brückenzug 15:20 Uhr zu erreichen. Ein riesiges Frachtschiff fährt vor uns durch die Brücke. Es sieht eng aus, aber als es fast durch ist, sieht man, dass auf beiden Seiten doch noch einige Meter Platz waren.
Nachdem wir durch sind, geht es trotz relativ schwachem Wind unter Segel weiter, wir haben ja nun keinen Zeitdruck mehr. Gegen 17 Uhr legen wir in der Marina Neuhof an.

Ein kurzer Törn, diesmal. Auch nicht so weit, wie sonst. Aber Rügen und ganz besonders Hiddensee ist immer wieder ein schönes Revier. Ich kann jedem Segler empfehlen, einmal dieses wunderschöne Revier zu besuchen.

Boot

Typ: FAM
Länge über Alles: 5,40 m
Breite über Alles: 2,05 m
Tiefgang ohne/mit Schwert: 0,3/1,1 m

Segelfläche:

Großsegel: 10,7 Quadratmeter
Fock: 4,5 Quadratmeter
Genua: 8,3 Quadratmeter

Verdrängung: etwa 750 kg

Motor: Außenbord, 4 PS, Zweitakt, 2,8 Liter Einbautank

Elektrik:

Batterie: 12 V, 12 Ah
Ladung über Solarpanel: 50 W, Fläche 65 cm × 50 cm und Lichtspule: 60 W
BSH-Beleuchtung (Zweifarblaterne, Hecklicht, Toplicht)
Pinnenpilot Raymarine ST1000 Plus
4 W Leuchtstoffröhre zur Kajütbeleuchtung
für diverse Ladegeräte (Handy, Kamera, Laptop, Funk) ein selbst gebauter Rechteck-Wechselrichter
Eigenbau-Peltier-Kühlbox 12 W

Törndaten

Gesamtstrecke: 136 Seemeilen
gesegelte Strecke: 94 Seemeilen
Strecke unter Motor: 42 Seemeilen
Benzinverbrauch: 14 Liter